Schlüsselfertig — bedeutet das pauschal und einzugsbereit bauen?
Schlüsselfertig — bedeutet das pauschal und einzugsbereit bauen?
Was Sie als Bauherr zum Begriff “schlüsselfertig” wissen müssen:
Wenn man im Wörterbuch den Begriff schlüsselfertig eingibt, erhält man diese Information:
schlüs·sel·fer·tig
/ˈʃlʏsl̩fɛrtɪç,schlǘsselfertig/
Adjektiv
(in Bezug auf neue Häuser und Wohnungen) völlig fertiggestellt und bezugsbereit.
Da denkt man doch als Bauherr: Genau das will ich haben, oder?
Leider kann man sich aber auf diesen Begriff auf keinen Fall verlassen, denn: Wenn das Leistungsverzeichnis nicht vollständig ist, ist der Rechtsstreit mit dem Unternehmer bereits vorprogrammiert.
Das müssen Sie zum Begriff “schlüsselfertig” wissen:
Da in der Regel neben der in den Angebotsunterlagen angebotenen schlüsselfertigen Bauererrichtung eine Bau- und Leistungsbeschreibung vereinbart wird, ist die Leistungspflicht des Unternehmers und der vereinbarte Festpreis keinesfalls pauschaliert. Das heisst konkret:
Es gilt nur das, was im Einzelnen vereinbart wurde.
Fast immer ergeben sich bei einer ungenauen und unvollständigen Bau- und Leistungsbeschreibung, trotz der versprochenen schlüsselfertigen Errichtung, für die Bauherren unvorhergesehene Mehrkosten.
Der Kontext des Vertrages ist heranzuziehen — das machen die Gerichte klar:
Die Gerichte machen klar, dass bei der Auslegung des Begriffs „schlüsselfertig“ der komplette Vertragsinhalt heranzuziehen und entsprechend auszulegen ist.
Wenn eine Leistung als „schlüsselfertig“ angeboten ist, bedeutet das nicht automatisch, dass der Unternehmer eine grundsätzlich komplett pauschalierte Leistungspflicht hat. Und: Der Inhalt einer Leistungsverpflichtung des Bauunternehmers erschließt sich nicht aus einem phrasenhafte Begriff wie „schlüsselfertig” oder „komplett“, sondern aus dem Kontext des gesamten Vertrages!
In der Regel wird neben der Formulierung „schlüsselfertig“ auch eine Leistungsbeschreibung vereinbart. Der Vertrag ist dann so auszulegen, dass anhand aller Vertragsunterlagen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Vertragsabschlusses Rechnung zu tragen ist.
In der Regel ist keine pauschalierte Leistung vereinbart!
In den meisten Fällen ist aber keine pauschalierte Leistung vereinbart. Die Folge: Vom Unternehmer ist nur das vertraglich geschuldet, was in der Bau- und Leistungsbeschreibung enthalten ist.
Für den Laien schwer zu erkennen:
Für einen Laien ist es schwer, zu erkennen, ob das, was mündlich versprochen wurde tatsächlich auch in der Leistungsbeschreibung enthalten ist. Umso wichtiger ist es, bei der Vorbereitung des eigenen Bauvorhabens daran zu denken, die richtigen Experten mit ins Team zu holen.
Das Herzstück Ihres Eigenheimprojektes ist die Bau-und Leistungsbeschreibung:
Die Gestaltung des Herzstücks des Vertrages, der Bau- und Leistungsbeschreibung, ist der wichtigste Meilenstein beim Bauen.
Dort als Bauherr verantwortungsvoll mitzuwirken, den Inhalt verstehen, umsetzen und für sich entscheiden, ob der zu zahlende Preis für die vereinbarte Leistung angemessen ist, ist ein spannender und bereichernder Prozess.
Sie haben die Wahl!
Jeder Bauherr hat die Wahl zu entscheiden, ob er die Weichen seines Bauvorhabens selbst stellt, oder ob er die „es wird schon gut gehen”- Schiene fährt.
4 essentielle Tipps von Manuela Reibold-Rolinger-
Damit Sie einen Bauvertrag unterschreiben, der rechtssicher ist:
Tipp 1:
Ziehen Sie VOR Unterzeichnung des Bauvertrages einen baubegleitenden Qualitätskontrolleur hinzu. Er analysiert die angebotene Baubeschreibung mit dem Ziel, Unklarheiten auszuräumen und die Baubeschreibung für Sie als Bauherren verständlich zu machen.
Tipp 2:
Definieren Sie selbst, was der gewünschte Vertragsinhalte ist.
Tipp 3:
Konkretisieren und gestalten Sie Ergänzungen der Baubeschreibung gemeinsam mit dem Unternehmer und dem hinzugezogenen Fachmann.
Tipp 4:
Unterschreiben Sie nur einen Vertrag, wenn Sie das, was in der Baubeschreibung enthalten ist, wirklich verstehen und aus Ihrer Sicht vollständig ist.
Zugegeben: Die Prüfung und Ergänzung der Bauleistungsbeschreibung erfordert eine gewisse Anstrengung. Sie lohnt sich jedoch, da nur die konkrete und vollständige Baubeschreibung vor Überraschungen schützt.
Die besten Verträge sind bekanntlich die, die nach Unterzeichnung nicht zur Definition des Vertragsgegenstandes nochmals aus der Schublade geholt werden müssen. Denn:
Verträge sind zum Vertragen da!
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