Bauen mit dem Architekten — die Königsdisziplin
Beim Bauen mit dem Architekten handelt es sich, seien wir ehrlich, um die Königsdisziplin privater Bauprojekte.
Fertighaushersteller, Bauträger und Generalunternehmer gewinnen bei der Errichtung privater Eigenheime immer mehr an Bedeutung, deshalb ist die Umsetzung privater Bauprojekte mit einem Architekten eher die Ausnahme unter allen umgesetzten Bauvorhaben.
Mit welchen Fragestellungen Sie sich beim Bauen mit dem Architekten unbedingt beschäftigen sollten, beantwortet Ihnen dieser Blogbeitrag:
- Deckt ein Architekt alle Themen von der Planung, über die Baubetreuung und Kostensteuerung ab?
- Benötigen Sie einen Vertrag und was muss dieser beinhalten?
- Wer hat die Kosten im Griff?
- Was hat es mit den Leistungsphasen und der HOAI auf sich?
Die Umsetzung eines Bauvorhabens mit einem Architekten entspricht leider nicht immer dem, was sich viele Bauherr:innen vorstellen oder erträumen, denn: Die „Eierlegendewollmilchsau“ unter den Architekten gibt es nicht oder fast nicht.
Die Erwartungshaltung der Bauherr:innen ist oftmals groß: Der/Die Architekten:in sollte demnach sowohl ausgezeichnet planen, als auch eine einwandfreie und fehlerfreie Bauüberwachung gewährleisten. Genau das ist mir in meinen 25 Berufsjahren als Fachanwältin allerdings nicht begegnet. Aber:
Es gibt großartige Planer und auch patente und sehr kompetente Architekten, die die Bauüberwachung fehlerfrei absolvieren. Beides gleichzeitig können nur sehr sehr wenige.
Ohne Architektenvertrag geht es nicht
Wichtig ist, vor allen Dingen bei Verbrauchern, wie Sie es sind, dass Sie mit dem Architekten einen schriftlichen Vertrag abschließen, der konkret, detailliert und vollständig ist.
Idealerweise entwickeln der Architekt und Bauherr gemeinsam eine Planung, zuvor müssen klare Zielvorgaben festgeschrieben werden.
Planungs-und Überwachungsziele definieren
Das ergibt sich aus dem, seit dem 1.1.2018 geltenden Bauvertragsrecht zu Architekten- und Ingenieurverträgen und den §§ 650 p fortfolgende BGB.
Hierbei legen die privaten Bauherr:innen und Architekt:innen gemeinsam schriftlich fest, welche Planungs und Überwachungsziele erreicht werden sollen. Zur Planungsgrundlage muss dann von den Architekt:innen eine verbindliche Kostenschätzung vorgelegt werden, § 650 p Absatz II BGB.
Die Planungsziele sind ein wichtiger Meilenstein Ihrer gemeinsamen Zusammenarbeit und nun auch gesetzlich niedergeschrieben. Als Verbraucher:in sollten Sie wissen, dass Sie ein Sonderkündigungsrecht haben ( § 650 r BGB), das jedoch nach 2 Wochen erlischt. Dies muss zuvor allerdings schriftlich angezeigt worden sein (§ 650 r Absatz 1 BGB).
Optimierung nach technischen, rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten
Die festzulegenden Planungs- und Überwachungsziele müssen nach den technischen, rechtlichen und finanziellen Möglichkeiten optimiert werden.
Leider scheitert diese gemeinsame Planung dann bereits in vielen Fällen:
Vor allen Dingen an den finanziellen Möglichkeiten der Bauherr:innen , denn das, was in der frühen Phase geplant wird, ist häufig schwer bezahlbar. Daher rate ich Ihnen dringend, im Vertrag eine Bausummenobergrenze zu fixieren, die auch das Architektenhonorar und alle Nebenkosten beinhaltet.
Die häufigsten Streitigkeiten beim Bauen mit dem Architekten entstehen leider, weil die Bausummen überschritten werden.
Von einem Bau mit einem Architekten, der nicht schriftlich fixiert ist, rate ich Ihnen sogar dringend ab.
Folgende Punkte sollten Sie unbedingt regeln, bevor es mit der Planung los geht:
- Vertragsgrundlage und Planungsziele : Zielvorstellungen im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung; Zielvorstellungen im Hinblick auf die Ausnutzung des Baugrundstücks ; Gestaltung und Qualitäts- und Ausbaustandards; Zielvorstellungen im Hinblick auf die ; Zielvorstellungen im Hinblick auf Standards betreffend Energieeffizienz, Schallschutz etc.; Zielvorstellungen in wirtschaftlicher Hinsicht (Bausumme und Beweirtschaftungskosten) Zielvorstellungen in zeitlicher Hinsicht (Bauablauf, Bezugsfertigkeit, Gesamtfertigstellungstermin) jedes dieser Ziele ist wichtig und muss verschriftlicht werden!
- Vertragsgrundlage
- Leistungspflichten des Architekten
- Regelungen zu Änderungswünschen während der Bauphase
- Regelung der BBQ
- Kooperationspflicht
- Baukosten
- Fristen
- Abnahme
- Dokumentationspflicht
- Architektenhonorar und vieles mehr
Bestehen Sie auf einen Architektenvertrag
Sie sehen, es muss einiges geregelt werden, bevor es los gehen kann. Am besten lassen Sie grundätzlich den Ihnen vorliegenden Architektenvertrag von einem Fachanwalt/einer Fachanwältin für Bau-und Architektenrecht auf Vollständigkeit prüfen.
Klarheit schafft Wahrheit und Verträge sind zum vertragen da 🙂
Gerade beim Architektenvertrag- der Königsdisziplin unter den Bauverträgen- ist das enorm wichtig!
Die HOAI – kein Buch mit 7 Siegeln.
Folgendes sollten Sie als Bauherr:in wissen, wenn Sie beabsichtigen, einen Vertrag mit einem/einer Architekt:in zu schließen:
Die Arbeit des Architekten untergliedert sich in insgesamt neun verschiedene Leistungsphasen, die die HOAI, die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure regelt.
Das Honorar orientiert sich an der Bausumme. Auch das erfordert bei der Vertragsgestaltung Ihr besonderes Augenmerk.
Schrecken Sie nicht vor den Kosten für die juristische Prüfung Ihres Architektenvertrages zurück und ziehen Sie bitte vor der Unterzeichnung Ihres Architektenvertrages eine/n juristischen Berater:in zu Rate. Dieser sollte sich im Verbraucherbaurecht gut auskennen und Fachanwalt/Fachanwältin für Bau-und Architektenrecht sein.
Wenn es um das Honorar des Architekten geht, gilt folgendes:
Mit dem Architekten zu bauen ist die Königsdisziplin für den Bauherren, denn es ist keinesfalls so, dass Sie sich in diesem Fall entspannt nach hinten legen können, sondern gerade hier sollten Sie genaue vertragliche Grundlagen schaffen, denn: Wenn es Streit gibt mit dem Architekten, dann meist um sein Honorar.
Grundsätzliches zur HOAI, der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure
Grundlage der Honorarforderung des Architekten ist die Honorarordnung für Architekten, die HOAI. Sie legt fest, was an den Architekten ab wann und für welche Leistung gezahlt werden muss.
Die aktuell gültige HOAI ist aus dem Jahr 2021. Sie gilt für alle Verträge, die ab dem 1.1.2021 abgeschlossen wurden. Die vollständige, aktuelle HOAI finden Sie unter https://hoai.de/
Es gibt keine Mindest- und Höchstsätze mehr, sondern Basishonorare.
Die Honorartafeln, also die Höhe des Honorars, orientiert an der Bausumme, sind, im Vergleich zur HOAI 2013, gleich geblieben, stellen nun jedoch nur noch Orientierungswerte und keine Grenzen mehr dar.
Die Honorarhöhe kann nach Art und Umfang der Aufgabe frei kalkuliert und leistungsgerecht vereinbart werden.
Hier benötigen Sie als Laie auf jeden Fall eine Beratung durch einen baubegleitenden Qualitätskontrolleur, denn die Frage, was leistungsgerecht ist und was nicht, kann nur ein Experte beantworten.
Im Rahmen Ihrer Teilnahme am Bauherrenführerschein vermitteln wir übrigens eine:n baubegleitende:n Qualitätskontrolleur:in im Postleitzahlengebiet Ihres Bauprojektes.
Nach HOAI sind die Phasen an einem Bauprojekt in neun Leistungsphasen eingeteilt:
Die Leistungsbilder gliedern sich in Leistungsphasen nach den Regelungen in den Teilen 2 bis 4 und der Anlage 1 zu HOAI 2021.
LP1 Grundlagenermittlung
LP2 Vorplanung
LP3 Entwurfsplanung
LP4 Genehmigungsplanung
LP5 Ausführungsplanung
LP6 Vorbereitung der Vergabe
LP7 Mitwirkung bei der Vergabe
LP8 Objektüberwachung
LP9 Objektbetreuung sowie Dokumentation
Je mehr Leistungsphasen ein Architekt für Sie ausführt umso höher ist sein Honorar, klar, oder?
ACHTUNG ⚠: Am 4.Juli 2019 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Mindest-und Höchstsatzregelung der alten HOAI gegen europäisches Recht verstößt. Also ist es um so wichtiger einen ausgewogenen Vertrag mit dem Architekt / der Architektin zu vereinbaren. Die HOAI als Orientierung für die Zusammenarbeit bleibt jedoch bestehen.
Natürlich ist es klar, dass der Architekt für seine Leistung bezahlt werden muss, jedoch stellt sich gerade zu Beginn der Zusammenarbeit mit dem Architekten die Frage: Ab wann?
Vom unverbindlichen Vorgespräch zum Vertrag:
Ab welchem Zeitpunkt wird die Akquise zum Vertrag, das unverbindliche Vorgespräch zum Auftrag?
Diese Fragen stehen immer wieder im Raum, wenn sich Planer und Bauherr:in die ersten Male treffen. Bedauerlicherweise wird das Problem selten angesprochen.
Das ist ein schwerer Fehler, denn häufig entstehen so Missverständnisse und schließlich Ärger ums Geld. Das beginnt damit, dass die sogenannte Bausummenobergrenze nicht festgelegt wird und der Architekt zwar von seinem Honorar spricht, es jedoch nicht beziffert.
Es ist ein Fehler, wenn von keiner Seite klar kommuniziert wird, ab wann die Leistung des Architekten bezahlt werden muss und vor allen Dingen in welcher Höhe. Deshalb rate ich Ihnen zur offenen Kommunikation mit Ihrem Architekten.
Die Akquise-Phase des Architekten:
Fragen und Ärger um das Architektenhonorar vermeiden Sie, wenn Sie die Honorarfrage im Vorfeld klären. Diese ersten Treffen zwischen Ihnen als Bauherr:in und dem Architekten nennt man Akquise-Phase.
Hier stecken die Parteien ab, ob der Planer die Vorstellungen der Bauherren umsetzen kann. Diese Treffen sind in der Regel kostenfrei. Auch weitere Treffen und erste Pläne für das Bauvorhaben sehen viele Architekten noch als Bewerbungsphase.
Fließende Grenzen
Hierbei müssen Sie als Bauherr:in wissen: die Grenze zwischen kostenfreier Akquise und honorarpflichtigem Planungsprozess ist fließend und sollte von beiden Parteien von Anfang an klar kommuniziert werden.
Bestehen Sie deshalb als Bauherr:in auf einen schriftlichen Vertrag. Der Architekt muss klar sagen, ab wann seine Arbeit etwas kostet. Aber auch Sie als Bauherr:in müssen klar kommunizieren, dass Sie davon ausgehen, dass die Beratung in der Startphase kostenfrei ist.
Wann ist das Architektennonorar fällig?
Das Honorar wird fällig, wenn die Leistung des Architekten abgenommen ist und der Architekt prüffähig abgerechnet hat, § 15 HOAI iV. § 650 g BGB.
Gerade beim Bauen mit dem Architekten ist es wichtig, die Eckpfeiler der Zusammenarbeit in einem Vertrag festzulegen. Unter anderem muss schriftlich fixiert werden, wie hoch die von Ihnen (Bauherr:in) fixierte Bausumme ist.
Sie planen für Ihr Bauprojekt einen Architekten zu beauftragen? Dann sind Sie in einem unserer Gratis-Webinare genau richtig. Melden Sie sich am besten direkt hier an:
Sie stehen noch am Anfang Ihres Projektes? Dann starten Sie am besten hiermit:
Wenn Sie bereits wissen, dass Sie ein Fertighaus bauen möchten:
Wenn Sie noch unentschlossen sind, wie Sie bauen möchten:
Checkliste: Hausangebote vergleichbar machen:
Mein Mann und ich wollen unser Bauprojekt starten und favorisieren den Bau eines Architektenhauses. Besonders der finanzielle Aspekt spielt eine große Rolle. Mir war gar nicht bewusst, dass man im Vertrag eine Bausummenobergrenze fixieren kann, welche auch das Honorar und die Nebenkosten beinhaltet. Ich werde das mit meinem Mann mal genauer besprechen, vielen Dank für die Infos.
Man sollte auch nicht verheimlichen, dass neben dem Vertrag über Leistungen bei der Gebäudeplanung und deren Honorierung (häufig Architektenvertrag genannt, obwohl auch Nicht-Architekten Gebäude planen können und mit Bauvorlageberechtigung zur Genehmigung einreichen dürfen) auch Verträge über Planungsleistungen der Freianlagen (Aussenanlagen ohne Verkehrsanlagen), Verkehrsanlagen (Zufahrten, Parkflächen), Tragwerksplanung („Statik“) und der Technischen Ausrüstung in verschiedenen Anlagengruppen abzuschliessen sind, dazu kommen noch Verträge für Leistungen wie Entwurfs- und Bauvermessung, Baugrund- und Altlastenuntersuchungen, Energiebedarfsnachweise, beim Bauen im Bestand Schadstoffuntersuchungen und je nach Fallgestaltung weitere Leistungen im Zusammenhang mit der Planung.
Übrigens, was ist denn eine „Regelung der BBQ“ in diesem Zusammenhang?